Urteile Schrottimmobilien:
BGH Beschluss vom 5.7.2011 (XI ZR 342/10) zu OLG Köln Urteil vom 01.10.2010 (13 U 119/06)
Ausgehend von einer Entscheidung des OLG Köln hat der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde der Revision verworfen und die beklagte Bank wegen arglistiger Täuschung des ihr zuzurechnenden Vermittlers verurteilt.
Hierzu wurde erneut vom OLG Köln auf die bekannten Grundsätze des BGH zum institutionellen Zusammenwirken zwischen Banken und Vermittler abgestellt. Gegeben ist dem BGH nach ein solches institutionelles Zusammenwirken zu Lasten des Erwerbers von Schrottimmobilien dann, wenn zwischen Verkäufer oder Fondsinitiator, den von ihnen beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Weiterhin wurde die arglistige Täuschung des Vermittlers aufgrund der Vorspiegelung einer zu hohen erzielbaren Miete angenommen und der Bank zugerechnet.
Dass dieses Urteil vom BGH mit dem Beschluss über die Nichtzulassung in der Sache bestätigt worden ist, zeigt hier erneut, dass Anleger zurecht auf die Durchsetzung ihrer Ansprüche hoffen können.
BGH Urteil vom 03.03.2011 (III ZR 170/10)
Der BGH hatte erneut über einen Fall der Offenlegung einer Provision eines freien Anlageberaters zu entscheiden. Enttäuschenderweise wurde bei dieser Gelegenheit versäumt, die seit seinem Urteil vom 15. April 2010 (III ZR 196/09 und XI ZR 104/08) bestehende Rechtsprechung zu korrigieren, so dass wohl von einer Änderung der Rechtsprechung ausgegangen werden kann. Somit gilt weiterhin der Grundsatz, dass wegen der vom BGH angenommenen Besonderheiten der vertraglichen Beziehung zwischen einem Anleger und einem freien, nicht bankengebundenen Anlageberater keine generelle Verpflichtung für den Berater besteht, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären.
BGH Urteil vom 08.02.2011 (II ZR 243/09)
Nachfolgend ist ein vor allem für Fondsgesellschafter enorm wichtiges aber auch sehr komplexes Thema der Minderung der quotalen Haftung bei Verwertung des Objekts und Teilverzicht von Gläubigern gegenüber einzelnen Gesellschaftern entschieden worden.
Der BGH erkennt eine solche Veränderung der quotalen Haftung im Innenverhältnis bei Teilverzicht des Gläubigers gegenüber einzelnen Gesellschafter unterhalb ihrer Beteiligungsquote nicht an, sofern sich aus der Auslegung des Vertrages ergebe, dass Tilgungen aus dem Gesellschaftsvermögen oder Erlöse aus dessen Verwertung nur die Schuld der Gesellschaft, nicht jedoch anteilig auch den Haftungsbetrag jedes einzelnen Gesellschafters mindern sollen.
Damit liegt die für den einzelnen Gesellschafter sehr unvorteilhafte Situation vor, dass er auch bei einer Verwertung der Immobilie noch auf seinen Anteil an der ursprünglichen Darlehensforderung in Anspruch genommen werden kann und sich dieser Verwertungserlös nicht auf seine Haftungshöhe auswirkt. Auch hier ist abzuwarten, ob dies vom XI. Senat so entschieden bzw. in dieser Art vom II. Senat fortgeführt wird, auch wenn diese Linie der bisherigen Rechtsprechung zur Darlehensrückzahlung bei Anlegern entspricht. Es bleibt zu hoffen, dass letztendlich dem Anleger die Möglichkeit gegeben wird, bei Vorliegen einer Täuschung der Bank die Darlehensrückforderung dem Verkehrswert des Objektes anzupassen.
BGH Urteil vom 21.09.2010 (XI ZR 232/09)
Dieses Urteil kann erneut als wegweisend für den Anleger bezeichnet werden. Der BGH wendet sich darin davon ab, dass Anleger in Fällen der arglistigen Täuschung auch nachweisen müssen, dass die Bank von dieser Kenntnis gehabt hatte oder diese hätte kennen müssen. Dabei wird zunächst einmal mehr auf die Grundsätze eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts abgestellt, wobei sich die Anleger unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank berufen können.
Danach kommt der BGH aber zu dem Schluss, dass die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung widerleglich vermutet wird, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken und die Unrichtigkeit der Angaben nach den Umständen des Falles evident ist. Dabei sei die Frage der Evidenz dagegen aber nunmehr nur objektiv zu bestimmen. Es kommt – und dies ist entscheidend für den geschädigten Anleger – nicht darauf an, ob die Bank im konkreten Fall die Unrichtigkeit erkennen konnte. Denn die Frage nach der Kenntnis der Bank stellt sich erst im Zusammenhang mit der – der Bank obliegenden – Widerlegung der Vermutung.
Man kann die Auswirkungen des Urteils also als einen weiteren Sieg der Anleger betrachten, entfällt in Zukunft doch die oftmals nicht sicher zu beweisende Kenntnis der Bank, an der Prozesse häufig scheiterten.
BGH Urteil vom 08.07.2010 (III ZR 249/09)
Erneut ist eine Entscheidung des III. Senats des BGH ergangen, diesmal wird dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen ein Anleger von einem Beratungsfehler grob fahrlässig Unkenntnis hatte.
Der BGH nimmt entgegen seiner bankenfreundlichen Tendenzen der letzten Urteile eine grob fahrlässige Unkenntnis des Beratungsfehlers eines Anlageberaters nicht schon allein deswegen an, dass es der Anleger unterlassen hat, den ihm überreichten Emissionsprospekt durchzulesen und auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren. Dies erscheint gerade im Hinblick auf die Aussage des Urteils vom 29.06.2010 (XI ZR 104/08), dass Angaben unabhängig davon, ob sie geschuldet sind, richtig sein müssen, aber zwingend und ist damit wieder ein kleiner, aber wichtiger Schritt für geschädigte Anleger.
BGH Urteil vom 29.06.2010 (XI ZR 104/08)
Schon in der Entscheidung des III. Senats vom 15.04.2010 war angedeutet, dass der BGH nun wieder nach einer Reihe von erfreulichen Urteilen hin zu mehr Anlegerschutz offenbar „genug“ hat. Mit seiner neuesten Entscheidung hat der BGH auch im XI. Senat zur Offenlegungspflicht bei sogenannten „versteckten Innenprovisionen“ entschieden, dass die Bank auf eine im Kaufpreis enthaltene und an den Vertrieb gezahlte „versteckte Innenprovision“ von sich aus grundsätzlich nicht hinweisen muss. Etwas anderes könne sich nur dann ergeben, sofern die Innenprovision zu einer so wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert der Immobilie beiträgt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen musste.
Der BGH führt dabei ohne nähere Begründung weiter aus, dass der Käufer nämlich grundsätzlich keinen Anspruch zu einem Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert hat, sondern es bleibt den Vertragsparteien bis zu den Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers überlassen, welchen Kaufpreis sie vereinbaren. Was damit auf den ersten Blick in Bezug zu Verkehrswertberechnungen der Banken schon schwer vertretbar erscheint, wird aber zur Absurdität, wenn man bedenkt, ab welchen Preisaufschlägen der BGH von Wucher und Sittenwidrigkeit ausgeht.
Im vorliegenden Fall wird aber noch entschieden, dass bei einer unklaren Sachlage in Bezug auf die Provisionen das für den Anleger ungünstigere Verständnis der ausgewiesenen Provisionen zugrunde zu legen ist. Dies hatte bei diesem Fall zur Folge, dass die Provisionen dahin zu verstehen sind, dass sie abschließend die Provisionen bezeichnen, die die Vermittlungsgesellschaften für das Geschäft insgesamt vereinnahmen sollten. Danach hat jedenfalls sofern die unzutreffende Vorstellung geweckt worden ist, es hätten nur die ausgewiesenen Provisionen für die Durchführung des Geschäfts insgesamt berechnet werden sollen, eine arglistige Täuschung über den Gesamtvermittlungsaufwand vorgelegen, da Angaben, die gemacht werden inhaltlich zutreffend sein müssen. Einen Fortschritt für die Anleger bedeutet dies aber nicht unbedingt, schließlich ist ein solches Vorgehen bei AGB gesetzlich vorgeschrieben.
BGH Urteil vom 15.04.2010 (III ZR 196/09)
Nach einer Reihe von begrüßenswerten anlegerfreundlichen Urteilen schlägt der III. Senat des BGH in seiner Entscheidung vom 15.04.2010 nun wieder die entgegengesetzte Richtung ein. Für einen nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater bestehe – soweit nicht § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift – keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, so der BGH.
Mit diesen Ausführungen steht der BGH nun wieder einer bankenfreundlichen Rechtsprechung näher und befindet sich damit auch in Abgrenzung zu den Grundsätzen aus dem Beschluss des XI. Senats vom 20. Januar 2009 – XI ZR 510/07. Nach Ansicht des Gerichts liege es insofern für den Kunden auf der Hand, dass der freie Anlageberater von der Anlagegesellschaft eine versteckte Innenprovision erhält, was sich vor allem aus der Natur und der Dauer des Vertragsverhältnisses zwischen freiem Berater und Anleger erkläre.
Eine solche Argumentation mag schon auf den ersten Blick nicht einleuchten, denn warum der Kunde keinen Einblick in die Höhe der gezahlten Provision unter dem Gesichtspunkt der unterschiedlichen Dauer des Vertragsverhältnisses erhalten soll, ist nicht ersichtlich. Auch der freie Anlageberater dürfte – will und muss er doch in Konkurrenz zu Banken treten – ein wesentliches Interesse an einer dauerhaften und vertrauensvollen Vertragsbeziehung haben. Dass aber dann auf der Hand liegen sollte, dass der freie Berater selbstverständlich von der Anlagegesellschaft eine Provision erhält und aber Banken hierüber aufklären müssen, ist unklar. In jedem Fall sollte wohl also mehr Vorsicht geboten sein beim Abschluss von Verträgen mit freien Beratern. Es darf zudem auch gespannt erwartet werden, wie sich der XI. Senat hierzu äußert.
EuGH Urteil vom 15.04.2010 (C-215/08)
Der EuGH gab in einem sehr zu beachtendem Urteil u.a. einem Anleger in der Frage recht, ob ein Verbraucher im Falle des Widerrufs eines in einer Haustürsituation erklärten Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Personengesellschaft gegen diese Gesellschaft einen Anspruch auf sein Auseinandersetzungsguthaben geltend machen kann.
Der EuGH legt als Kriterium hierfür fest, dass derZweck des Betritts zu dieser Gesellschaft hierfür aber in der Kapitalanlage und nicht vorrangig als Gesellschaftsbeitritt zu verstehen sein muss. Folglich kann sich der Verbraucher, wenn er ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist, von seinen vertraglichen Verpflichtungen befreien, indem er innerhalb der vorgesehenen Frist von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Wenn der Verbraucher hingegen nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist, kann, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, die betreffende Frist von mindestens sieben Tagen nicht zu laufen beginnen, so dass er jederzeit sein Widerrufsrecht ausüben kann.
Dabei erkennt der EuGH aber auch an, dass der Anleger bei ungünstigem Verlauf der Anlage dieser Wert nach dem Wert seines Anteils im Zeitpunkt des Ausscheidens aus diesem Fonds berechnet wird, und dass er dementsprechend möglicherweise weniger als den Wert seiner Einlage zurückerhält oder sich an den Verlusten des Fonds beteiligen muss.
BGH Urteil vom 29.09.2009 (XI ZR 179/07)
Der BGH hatte in dieser Entscheidung darüber zu urteilen, ob eine Bank, die bei der Täuschung von Anlageinteressenten bzgl. des Umfangs der Haftung mitwirkt und die Schädigung der Anleger zumindest billigend in Kauf nimmt, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet ist oder sich wegen der Verflechtung eigener wirtschaftlicher Interessen an dem Objekt aus der Haftung befreien kann.
Im vorliegenden Fall entschied der Senat dazu, dass der Vertreiber der Kapitalanlagen sich nicht an einer Täuschung der Anleger über den Umfang ihrer Haftung beteiligen darf. Die Sittenwidrigkeit einer Falschangabe über den Umfang der Haftung, die erkennbar für die Entschließung der Anleger von Bedeutung ist, wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie zwar in Verfolgung eigener Interessen aber doch in dem Bewusstsein einer möglichen Schädigung der Anleger abgegeben wird. Insofern kann diese Entscheidung von den Anlegern nur begrüßt werden.
BGH Beschluss vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07)
In diesem Fall hatte sich der Senat zur Aufklärungspflicht einer beratenden Bank über erhaltene Rückvergütungen bei dem Vertrieb von Medienfonds zu entscheiden. Dies ist hier relevant, weil er der Bank die Pflicht zu einer solchen Offenbarung auferlegte, wie dies schon mit Urteil vom 19.12.2006 (XI ZR 56/05) in Bezug zu Schrottimmobilien ausgeführt wurde. Darin hat der BGH festgelegt, dass, wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, sie den Kunden über diese Rückvergütungen aufklären muss, damit der Kunde beurteilen kann, ob die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten.
BGH Urteil vom 07.10.2008 (XI ZR 89/07)
Dieses Urteil des XI. Senats ist für Anleger erneut ein Schritt hin zur Verbesserung ihrer Rechte. Der BGH hatte hier darüber zu entscheiden, ob eine Bank eine Anlageempfehlung mit Sachverstand prüfen muss oder die Angaben sich nur als schlüssig darstellen müssen. Der Senat hat hierzu ausgeführt, dass die Bank verpflichtet sei, eine Kapitalanlage, die sie empfehlen will, mit banküblichem kritischen Sachverstand zu prüfen. Dies wird allerdings widerrum dadurch eingeschränkt, dass sie zur Prüfung von Kapitalanlagen, die sie in ihr Anlageprogramm genommen hat, auch bankfremde Erfüllungsgehilfen einsetzen kann und hierüber grundsätzlich auch nicht aufklären muss.
Eine Bank muss weiterhin nach Ansicht des BGH zwar nicht jede negative Berichterstattung in Brancheninformationsdiensten über von ihr vertriebene Kapitalanlagen kennen. Hat eine Bank Kenntnis von einem negativen Bericht in einem Brancheninformationsdienst, muss sie ihn bei der Prüfung der Kapitalanlage berücksichtigen. Leider wird dies wieder dadurch eingeschränkt, dass Anlageinteressenten nicht ohne weiteres auf eine vereinzelt gebliebene negative Publikation, deren Meinung sich in der Fachöffentlichkeit (noch) nicht durchgesetzt hat, hingewiesen werden. Demzufolge ist nunmehr zu entscheiden welche Umrisse für die Begriffe „ohne weiteres“ und „in der Fachöffentlichkeit noch nicht durchgesetzt“ zu bilden sind.
BGH Urteil vom 27.05.2008 (XI ZR 132/07)
Mit diesem Urteil wird die bis dahin umstrittene Frage der Verjährung von Fällen vor der Schuldrechtsmodernisierung zum 1.1.2002 geklärt. Der BGH stellt klar, dass die hier relevanten Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss seit dem 1. Januar 2002 der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB unterliegen. Diese Verjährungsfrist ist, da sie kürzer ist als die bis zum 1. Januar 2002 geltende Regelverjährung von 30 Jahren, nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an zu berechnen. Hinzu müssen zu diesem Zeitpunkt zusätzlich die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen, der Gläubiger muss also von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder diese nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht haben.
Für diese Frage kann dem BGH nach weitgehend auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. zurückgegriffen werde. Danach liegt die erforderliche Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage Erfolg versprechend möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Hierzu gehört in den für Anleger relevanten Fällen unzureichender Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt.
BGH Urteil vom 26.02.2008 (XI ZR 74/06)
Das Gericht hatte hier einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem die Vollmacht des Treuhänders eines Steuersparmodells wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig war. Fraglich war in diesem Zusammenhang, ob sich der Verkäufer des Modells auch dann gegenüber dem Käufer auf den Gutglaubenschutz nach §§ 171, 172 BGB berufen kann und auch dann wenn er das Erwerbsmodell initiiert und konzipiert sowie den Treuhänder ausgesucht hat. Dies wird vom BGH vorliegend angenommen, weil die entsprechende Vollmacht notariell beurkundet war und die Voraussetzungen nach § 173 BGB und den Grundsätzen des Missbrauchs der Vertretungsmacht nicht vorlagen.
Weiterhin sind die Richter hier zu dem Schluss gekommen, dass ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung gemäß § 2 HWiG auch dann in Betracht kommt, wenn die Haustürsituation nicht bei Vertragsabschluss, sondern nur bei dessen Anbahnung vorgelegen hat. Dies stellt erneut eine punktuelle Erweiterung der Anlegerrechte dar.
BGH Urteil vom 20.03.2007 XI ZR 414/04
Geklagt hatte hier eine Polizeibeamtin, die von zwei Vermittlern geworben wurde, eine fast vollständig ohne Eigenkapital finanzierte Eigentumswohnung in einem Mietpool zu Steuersparzwecken zu erwerben. Hierzu wurden mit der Anlegerin mehrere Gespräche geführt und auch vor Ort eine Begehung durchgeführt. Was die Vermittler aber natürlich verschwiegen hatten, waren die Nachteile dieser Mietpoolkonstruktion.
Der BGH stellt in seiner Entscheidung in Beibehaltung seiner bisherigen Rechtsprechung zunächst klar, dass die kreditgebende Bank nur unter ganz besonderen Voraussetzungen zu einer Aufklärung über solche Risiken verpflichtet sei, denn schließlich, so die Begründung des BGH, darf die Bank davon ausgehen, dass den Kunden die Risiken entweder bekannt sind oder sie sich der Unterstützung von Fachleuten hierzu bedienen.
Eine Ausnahme davon liege aber dann vor, sofern sich dies bei Hinzutreten spezifischer Risiken des konkreten Mietpools ergibt. Aufklärungspflichten können somit etwa in Betracht kommen, wenn die Bank den Beitritt in Kenntnis einer bereits bestehenden Überschuldung des konkreten Mietpools verlangt. Die Bank haftet auch in Kenntnis des Umstands, dass dem konkreten Mietpool Darlehen gewährt wurden, für die die Anleger als Poolmitglieder haften müssen, oder sofern an die Poolmitglieder konstant überhöhte Ausschüttungen ausbezahlt werden, die ihnen einen falschen Eindruck von der Rentabilität und Finanzierbarkeit der Anlage vermitteln.
BGH Urteil vom 5.12.2006 XI ZR 341/05
Der BGH nimmt hier Stellung, ob und inwieweit eine Nachfristsetzung mit Kündigungsandrohung nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 VerbrKrG für die Bank entbehrlich ist, wenn sich der Darlehensnehmer ernsthaft und endgültig geweigert hat, auf das Darlehen weitere Leistungen zu erbringen. Eine solche Nachfristsetzung mit einer Kündigungsandrohung ist demnach sinnlos und deshalb entbehrlich, wenn sich der Darlehensnehmer – wie hier im vorliegenden Fall durch Zahlungsverweigerung und fristloser Kündigung – ernsthaft und endgültig geweigert hat, auf das Darlehen weitere Leistungen zu erbringen.
Weiter stellen die Richter klar, dass es bei der hier im Fall nicht bewiesenen Erklärung des Vermittlers, der Fondsanteil könne bereits nach wenigen Jahren mit Gewinn verkauft werden, es sich um eine Prognose handeln solle. Insofern kommt demnach eine Haftung nur in Betracht, sofern eine vollständige Darlegung konkreter unrichtiger Angaben des Vermittlers zu den wertbildenden Faktoren des Immobilienfonds, welche objektiv nachprüfbar und einem Beweis zugänglich wären, erfolgt. Angesichts der allgemeinen Aussage eines Vermittlers, der Fonds werde „Gewinne machen“ könne noch keine Rede davon sein, sie sei bereits damals objektiv so grob falsch gewesen, dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der angeblichen arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
BGH Urteil vom 17.10.2006 XI ZR 205/05
Mit diesem Urteil schafft der BGH weitere Möglichkeiten hin zu einer Haftung der Banken indem entschieden wird, dass die Bank muss den Kunden nicht nur auf eine erkannte Sittenwidrigkeit der Kaufpreisvereinbarung, sondern auch auf eine erkannte arglistige Täuschung des Verkäufers gemäß § 123 BGB über wesentliche Eigenschaften der Kaufsache ungefragt hinweisen muss. Dies kann letztendlich in dieser Klarheit nur begrüßt werden, alleinige Kritik hieran ist, dass dies erst mit diesem Urteil entschieden wurde und so viele Anleger einen weitaus schwierigeren Weg im Prozess beschreiten mussten.
BGH Urteil vom 26.09.2006 (XI ZR 283/03)
Hier hatte der BGH in Ergänzung zum Urteil vom 16.05.2006 (XI ZR 6/04) über einen Widerruf nach dem bis zum 31.12.2001 geltendem Haustürwiderrufsgesetz (HWiG) zu entscheiden. Der im vorliegenden Fall geschädigte Anleger wurde von einem Vermittler bei einem gemeinsamen Essen überzeugt, in ein Steuersparmodell über insgesamt vier Darlehensverträge zu investieren, die vollständig von der Bank vorbereitet waren. Zur Sicherung der Darlehenssumme wurde der Bank eine Grundschuld über die Darlehenssumme bestellt.
Der BGH führt in seinem Urteil aus, dass der Widerruf nach dem VerbrKrG und der Annahme eines verbundenen Geschäfts nach § 3 II Nr. 2 VerbrKrG bei einem Realkreditvertrag aufgrund der bestellten Grundschuld zu üblichen Bedingungen keine Anwendung finden kann. Der Anleger kann insofern die Rückzahlung des Darlehens auf dieser Grundlage nicht verweigern. Weiterhin sieht der BGH auch keine hinreichende Möglichkeit, dem Anleger aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB entgegenzukommen, weil der Kredit an sich schon dem VerbrKrG unterfällt, so dass ein Rückgriff darauf nicht zulässig sei. Auch seine andere Anspruchsgrundlagen zu Recht verneint worden, da es sich hier nicht um einen Mitarbeiter der Bank handele oder der Bank dessen Verhalten zugerechnet werden kann.
Anschließend nimmt der BGH Bezug zu den beiden Urteilen des EuGH in den Sachen Schulte und Crailsheimer Volksbank und verneint aber hier einen daraus resultierenden Anspruch des Anlegers auf Schutz vor den Risiken einer Kapitalanlage und die Möglichkeit für Anleger, die Bank auf die finanzierte Immobilie zu verweisen. Dies ist umso unverständlicher, als es zahlreiche Befürworter einer anlegerfreundlichen Regelung gibt und sich auch aus dem Gesetz solche Möglichkeiten ergeben.
BGH Urteil vom 16.05.2006 (XI ZR 6/04)
Ein wegweisendes – wenn nicht das bisher wichtigste – für den geschädigten Anleger ist dieses Urteil des XI. Senats des BGH, der in seiner Entscheidung die Grundsätze des institutionalsierten Zusammenwirkens aufstellt.
Der BGH führt aus, dass in Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber eines finanzierten Objekts sich Anleger unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank berufen kann. Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, sowie auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
BGH Urteil vom 09.05.2006 (XI ZR 119/05)
Der BGH hat sich in diesem Urteil mit den Voraussetzungen des Widerrufsrechts im Sinne des § 1 HWiG auseinandergesetzt und festgelegt, dass der Kunde durch mündliche Verhandlungen im Bereich einer Privatwohnung oder an seinem Arbeitsplatz zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden sein muss. Dabei genügt es, dass er in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den mündlichen Verhandlungen gemäß §1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWiG und der Vertragserklärung wird für den Nachweis des Kausalzusammenhangs vom Gesetz nicht gefordert.
Dabei geht der BGH darüber hinaus von einer Indizwirkung bei einem engen zeitlichen Zusammenhang aus, die aber mit zunehmendem zeitlichen Abstand abnimmt und schließlich nach einer gewissen Zeit sogar vollständig entfallen kann. Welcher Zeitraum hierfür erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch anderen Umständen zukommt, ist eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalles.
BGH Urteil vom 25.04.2006 (XI ZR 193/04)
Erneut ergeht vom BGH ein Urteil, in dem der Anleger gegenüber den Anbietern im Vorteil war. Laut BGH wurde im vorliegenden Fall zu Unrecht angenommen, der Anleger sei auch im Fall eines wirksamen Widerrufs gemäß § 3 HWiG gegenüber der Beklagten zur Rückzahlung des Darlehens gegen Verrechnung seines Abfindungsguthabens verpflichtet. Eine im konkreten Fall vorliegende wirtschaftliche Verbundenheit der Geschäfte bedeutet nicht, dass der Partner des finanzierten Geschäfts das Darlehen in erster Linie im Interesse des Darlehensgebers und nicht überwiegend im Interesse des Darlehensnehmers und Anlegers erhalten hat. Um diese freie Entscheidung des Anlegers nicht zu gefährden, ist bei verbundenen Geschäften die Unwirksamkeitsfolge des Widerrufs sowohl nach § 7 VerbrKrG als auch nach § 1 HWiG auf beide Verträge zu erstrecken und der widerrufende Darlehensnehmer keinem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers auszusetzen.
Man sollte das Urteil im Kontext zur Entscheidung des gleichen Senats vom 27.01.2004 (XI ZR 37/03) sehen, in denen noch Ansprüche des Anlegers bei verbundenen Geschäften verneint wurden. Daraus lässt sich erschließen, welche positive Weiterentwicklung des Anlegerrecht inzwischen erfahren hat.
BGH Urteil vom 14.02.2006 (XI ZR 255/04)
Die nach dem Urteil des II.Senats zu erwartende erste Leitentscheidung des XI. Senats des BGH zur Anwendbarkeit des HWiG und zum Vorliegen einer Haustürsituation nach dem einschneidenden Urteil des EuGH vom 25.10.2005 in der Sache Schulte und Crailsheimer Volksbank. Insofern wenn auch erwartungsgemäß eine gute Nachricht für die Anleger, bei denen eine Haustürsituation vorlag, ohne dass der Bank Kenntnis oder Kennenmüssen nachgewiesen werden muss.
Die geschädigten Anleger gehen hier gehen die beklagte Bank vor und verlangen die Rückzahlung von geleisteten Zinsen aus einem Betritt zu einer Grundstücksgesellschaft bürgerlichem Rechts. Hierzu wurden sie von einem Vermittler als Drittem ohne Widerrufsbelehrung und in einer Haustürsituation geworben. In solchen Situationen hat der Bundesgerichtshof bisher in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass ein Kreditvertrag nicht schon dann nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam widerrufen werden kann, wenn der Vermittler einer kreditfinanzierten Anlage den Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation angebahnt hat. Wie schon der II. Zivilsenat hält auch der XI. Senat an dieser Rechtsprechung angesichts der Rechtsprechung des EuGH mit Urteil vom 25.10.2005 nun nicht mehr fest. Nach der bindenden Auslegung des europäischen Rechts durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem erst nach der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteil vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-229/04) muss sich die Bank die Haustürsituation bereits dann zurechnen lassen, wenn sie bei Abschluss des Darlehensvertrages objektiv vorgelegen hat.
BGH Urteil vom 12. Dezember 2005 – II ZR 327/04
Hier legt der BGH – vorerst mit dem II. Senat – die Grundlage für einen ersten wichtigen Eckpunkt hin zu einer anlegerfreundlichen Rechtsprechung auch vor nationalen Gerichten, die zwar „nur“ auf den Vorgaben des EuGH fußt, aber dennoch eine Umkehr mit erheblicher Tragweite für Anleger darstellt. Nach richtlinienkonformer Auslegung des § 1 HaustürWG muss ein Vertragspartner, der nicht selbst die Vertragsverhandlungen führt, von der Haustürsituation keine Kenntnis haben, so der BGH. Dies war für Anleger wichtig, weil vor dieser Entscheidung eine Haustürsituation nur vorlag, sofern die Bank Kenntnis von dieser hatte. Diese Kenntnis war gerichtlich sehr schwer zu beweisen.
Weiterhin wichtig ist auch, dass es folgerichtig ebenso wenig darauf ankommt, ob den Vertragspartner an seiner Unkenntnis ein Verschulden trifft. Vielmehr ist § 1 HaustürWG nach dem Urteil des EuGH vom 25.10.2005 immer dann anwendbar, wenn objektiv eine Haustürsituation bestanden hat.
EuGH Urteil vom 25.10.2005 (Rs. C-229/04)
Der EuGH stellt in dieser Entscheidung den Grundsatz auf, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass die Bank bei einer unterlassenen Widerrufsbelehrung die Risiken trägt, die mit der Kapitalanlage bei einer Haustürsituation verbunden sind. Weiterhin verbiete es das Europäische Recht über Haustürgeschäfte es jedoch nicht grundsätzlich, dass der Verbraucher, der den Darlehensvertrag widerruft, das Darlehen zuzüglich der marktüblichen Zinsen sofort vollständig zurückzahlen muss. Das Widerrufsrecht des Darlehensvertrages erstrecke sich nach Ansicht der Richter auch nicht auf den Kaufvertrag über die Immobilie.
Eine weitere Grundsatzentscheidung, die den Banken die Risiken aus den Haustürgeschäften der Vermittler auferlegt. Unglücklich ist aber die Entscheidung, dass Verbraucher das empfangene Darlehen in voller Höhe zurückzahlen müssen, was bei einer Täuschung über den Wert der Immobilie in besonderen Kosntellationen mit einem Schutz des Anlegers nicht zu vereinbaren ist. Insofern ist auch unverständlich wieso auch aus deutschen Recht bis zur Änderung der Rechtslage mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz kein unverschuldeter Wertverlust durch die Täuschung über den Wert der Immobilie abzugsfähig ist, sofern die Bank diesen Umstand kennt.
EuGH Urteil vom 13.12.2001 (C-481/99)
Der EuGH hatte hier in der Sache Heininger über die Anwendbarkeit der Richtlinie betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zu entscheiden. In diesem Grundsatzurteil wurde bestätigt, dass das Europäische Recht dahin auszulegen ist, dass es auf einen Realkreditvertrag wie einen Darlehensvertrag bei Schrottimmobilien anwendbar ist, so dass der Verbraucher, der einen derartigen Vertrag geschlossen hat, über das Widerrufsrecht verfügt. Weiterhin ist ausgeschlossen, dass das Widerrufsrecht für den Fall, dass der Verbraucher nicht belehrt wurde, auf ein Jahr nach Vertragsabschluss befristet ist.
Diese sehr begrüßenswerte Entscheidung bildete die bindende Grundlage zur Anwendbarkeit der Regelungen des HWiG und war eine erste Entscheidung des EuGH hin zu mehr Anlegerschutz in Deutschland im Hinblick auf Schrottimmobilien.